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Geführt-Kompetenz. wenn Führung auf Selbstverantwortung trifft

Vor einigen Monaten führte ich eine  Umfrage unter CEOs und Führungskräften durch (*). 60% beklagen, dass Mitarbeitende keine Verantwortung mehr übernehmen wollen. Ebenso viele wünschen sich, dass ihre Mitarbeitende zufriedener sind. Und immer wieder lesen wir: „Mitarbeitende kündigen nicht dem Arbeitgeber, sie kündigen ihren ChefInnen“. (Habe ich auch mal gemacht; ist lange her. ) Dazwischen liegt das Feld der ungenutzten Möglichkeiten.

 

Wäre ich heute noch Führungskraft, ich wäre wohl oft zwischen begeistert und wahnsinnig. Einerseits bringt der Wandel der Arbeitswelt viel Spannendes mit sich, an dem Jede/r auch persönlich wachsen kann. Andererseits ist das Tagesgeschäft mächtig turbulent, so dass für Leadership viel zu wenig Zeit bleibt (höre ich regelmäßig). Doch gelingende Führung – so es sie denn gibt – begünstigt eben Mitarbeiterförderung und –bindung, Innovationskraft, Vereinbarkeit, erfolgreiches Wachstum usw. maßgeblich. Werden auch viele Kündigungen damit vermeidbar? Ist diese Betrachtung zu Ende gedacht?

 

Multitalent Führungskraft

Mittlerweile haben sich die Thesen von Professor Kruse  zum ‚Wandel der Arbeitswelt‘ (aus 2014) sicher für Viele erlebbar bestätigt. Das altbewährte Verständnis vom Miteinander-arbeiten steht ja massiv auf dem Prüfstein. Der Wandel ist längst nichts Neues mehr.

 

Bei der Mitarbeiterführung einen guten Job zu machen, ist ein anspruchsvoller Kunstgriff. Die Erwartungen an Führung und Zusammenarbeit sind von Generation zu Generation anders und das Miteinander geschieht in der „neuen Arbeitswelt“ im besten Fall auf Augenhöhe, heißt es. Leader sollten dabei charismatisch, kompetent, menschlich und erfahren sein. Stets entwicklungswillig dazu. Dann ist die Mannschaft leistungsfähig, motiviert und loyal. Soweit d‘accord?

 

Lass uns mal weiter denken

 

Die Appelle für gelingende, neue Führung sind ja laut, das Angebot ist riesig. Es wird also in die Weiterentwicklung von Führungskräften investiert. Das ist sicher notwendig, doch nicht zu Ende gedacht. Lebendige Organisationen brauchen auch Mitarbeitende, die sich führen lassen können; nennen wir sie Mitarbeitende mit Geführt-Kompetenz (sie gehört im Grunde zur Selbstführung).

 

Ich meine, den Führungskräften „allein“ die Verantwortung für ein gelingendes Arbeitsverhältnis zu überlassen, ist nicht zielführend. Und damit meine ich nicht, dass man als Angestellter fachlich und im Team seinen Job des Vertrags erfüllt. Es geht um Selbstverantwortung als Mitarbeiter-Prinzip von Geführten; sie spielt meines Erachtens eine bedeutende Rolle! Und die wird immer größer werden. Natürlich an den individuellen Reifegrad angepasst. Voraussetzung ist, dass Zuständigkeiten klar sind. Gemeinsame Ziele und Erwartungen müssen unmissverständlich sein. Und – Arbeitgeber sollten Mitarbeitenden die Entwicklung ihrer Kompetenzen des Geführt-werdens aktiv ermöglichen. Denn sie ist uns ebenso wenig in die Wiege gelegt wie das Führen, oder? 

Sorge für Geführt-Kompetenz

Mit Geführt-Kompetenz werden MitarbeiterInnen aktiv gestärkt bzw. befähigt

  • ihre Loyalität, ihr Engagement und ihre Leistungsbereitschaft zu entwickeln und sicher zu stellen
  • ihre Leistungsprozesse zu sichern, zu fördern und zu reflektieren
  • effektiv zu kommunizieren, Feedback zu geben und zu empfangen, sinnvoll zu entscheiden, ganzheitlich (im Rahmen ihres Aktionsradius) zu planen, sich selbst zu managen sowie ihr Verhalten zu reflektieren

Erst durch Selbstverantwortung auf beiden Seiten kann echte Augenhöhe gelebt werden. Dann entsteht eine Kultur für gegenseitige Wertschätzung und Kritik, auch in unbequemen Phasen, die zur Klärung von Missständen einlädt. Nochmal: initiiert von beiden Seiten, die daran wachsen werden.

 

Zurück zu „… Mitarbeitende kündigen ihren ChefInnen“: Bestimmt gibt es weniger Kündigungen, wenn Führungskräfte gute Leader sind. Ich behaupte zudem, dass es noch besser läuft, wenn die Verantwortung auf beiden Schulterpaaren liegt. Weil Phasen der Demotivation, des Unbehagens oder der Unsicherheit eher eine frühzeitige Chance auf Klärung durch beiderseitig initiierten, echten Austausch haben.

 

Abschließend möchte ich dir noch kurz erzählen: Mit einem Klienten, dem übel gekündigt wurde und einer Klientin, die innerlich gekündigt hat, thematisierte ich die Selbstverantwortung in ihren Situationen. Beide hatten sich mit ihren Vorgesetzten überworfen und reflektierten ihren Beitrag (was zunächst nicht so einfach war). Jedenfalls ist es ihr Learning, künftig viel stärker mit dafür zu sorgen, dass die Arbeitsbeziehung gut läuft. Beide hätten ihren Job nämlich gerne behalten.

 

Selbstverantwortung ist eine wesentliche Säule des Self-Leadership. Und Selbstführung eine der Schlüsselkompetenzen in der sich wandelnden Arbeitswelt.

 

Ich bin gespannt auf deine Meinung und deine Erfahrungen!

 

Happy day,

Cornelia

 

 

*Meinen herzlichen Dank an allen, die mich mit ihrer Teilnahme unterstützt haben. Sagenhafte 53% Rücklauf haben mir gezeigt, welch' tolles Netzwerk ich auf LinkedIn in kurzer Zeit spinnen konnte. Und dass Hilfe kommt, wen man darum bittet. Toll!!

 

 

Titelfoto: by Meghan Holmes on Unsplash and , innen by "My Life Through A Lens" on Unsplash